Mit den Füßen fotografierenSeit Anfang der 80er Jahre begleitet(e) mich immer eine Rolleiflex auf meinen Reisen. Erste Erfahrungen mit Mittelformatfilm machte ich mit alten Klappkameras, die erste zweiäugige 6x6 war eine Yashicamat, das Objektiv war aber nicht so aufregend. Dann kamen verschieden alte Rolleis. Gleich wie alt, sie waren alle gut. Das quadratische Mittelformat ist richtungslos und ausgewogen. 75 mm Brennweite sind dabei ein ganz leichtes Weitwinkel. Die Kamera ist handlich und nicht allzu schwer. Es gibt keine Wechselobjektive, höchstens Nahlinsen. Damit entsteht die Notwendigkeit, sich das Bild zu "ergehen". Wie es in der Architekturfotografie gilt, zuerst das Gebäude ohne Kamera zu umrunden und zu erforschen, gilt es auch in der Landschaft, den Standpunkt zu erkunden. Kleinste Orts- und Höhenveränderungen ergeben einen völlig anderen Bildaufbau, der seitenverkehrt auf der Mattscheibe, die immer als Ganzes im Auge zu behalten ist, beurteilt werden muss. Niemals habe ich Ausschnitte von meinen Bildern gemacht. Zeit ist dazu nötig, viel mehr als beim Schnappschuss, aber weniger als beim Großformat. Ohne Stativ geht es auch meistens, es gibt keinen Spiegelschlag. Die gebückte Haltung durch den Suchereinblick von oben kann man auch als demütige Verbeugung vor dem Motiv sehen. Ich habe auch einige Übung darin entwickelt, mit der Rolleiflex über Kopf Gebäude zu fotografieren, mit nach oben gestreckten Armen lassen sich stürzende Linien einigermaßen vermeiden, da kommt kein Stativ mit. Leider wird es immer schwieriger, Filme und Labors zu finden, der geliebte Ektachrome ist schon nicht mehr zu haben. Damit geht wohl auch die Ära der Rolleiflex zu Ende. Oder vielleicht kommt jemand auf die Idee, einen Rückwandadapter für ein hoffentlich bis dorthin erschwingliches Digitalrückteil mit 56 x 56 mm Sensorgröße zu konstruieren? Bis es so weit ist, behelfe ich mir damit, aus mehreren KB-Fotos möglichst quadratische Panoramen zusammenzurechnen (wieso konnte sich dieses idiotisch unharmonische 2:3 - Verhältnis derart durchsetzen?), wenn ich das digitale Rückteil nicht auf Reisen herumschleppen will. geschrieben 2010, labortechnisch hat sich wieder einiges verbessert, digital hat sich viel weiterentwickelt, grundsätzlich sind die Gedanken weiterhin gültig. | Béni Abbès, Grand Erg |